Unternehmen

VDH Group: Saubere Luft in zweiter Generation

Daniel und Timo von der Heide führen die Umwelttechnikunternehmen ihres Vaters Bernd weiter.

Vom Gründer zum „Frühstücksdirektor“

Bei der Begrüßung „zückt“ Bernd von der Heide eine gerahmte Visitenkarte.  „Frühstücksdirektor“ steht darauf gedruckt – ein Geschenk seiner Söhne. Von der Heide hat sich diesen Titel redlich verdient. Nicht nur, weil der Diplom-Ingenieur bald auf ein erfolgreiches Vierteljahrhundert zurückblicken wird, in dem er sein Unternehmen zu einem der marktführenden Lösungsanbieter im Spezialanlagenbau formte. Sondern auch, weil er die Weichen für die Zukunft gestellt weiß: Vor vier Jahren stiegen seine Söhne Daniel und Timo von der Heide in die Unternehmensführung ein.

Dass es einmal so kommen würde, hatte sich Bernd von der Heide insgeheim vielleicht erträumt, aber damit rechnen konnte er nicht. Wie auch? Daniel und Timo waren gerade mal im I-Dötzchen-Alter, als der Vater im Jahr 2000 doch nochmal den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Zuvor hatte er sich zwölf Jahre lang als Vertriebsleiter in einer amerikanischen Firma profiliert, die darauf spezialisiert war, Abgase von umwelt- und gesundheitsschädlichen Stickoxiden zu reinigen. Kurz vor der Jahrtausendwende entschied der Konzern, die Deutschland-Niederlassung ins Ausland zu verlegen

Patentlösungen für Rauchgasentstickung

„Ich war damals 56 Jahre alt – und noch zu jung für die Arbeitslosigkeit und die Rente“, erinnert sich Bernd von der Heide. Nach reiflicher Überlegung machte sich der Essener mit der M&S Umwelttechnik GmbH selbstständig. Mit einem ambitionierten Ziel vor Augen: Maßstäbe im Segment der Rauchgasentstickung zu setzen, wie die Reduktion schädlicher Gase im Fachjargon genannt wird. Mit der 1963 in Hamburg gegründeten Mehldau und Steinfath Feuerungstechnik holte er sich einen renommierten Partner ins unternehmerische Boot und setzte Kurs.

Das Unternehmen entwickelte – im wahrsten Sinne des Wortes – Patentlösungen, die dafür sorgen, dass Großfeuerungsanlagen wie Kohle-, Biomasse- oder Müllheizkraftwerke möglichst wenig Emissionen in die Luft blasen – und das in mehr als 30 Ländern.

M&S-Umwelttechnik hat es unter anderem bis nach Hawaii und nach Australien geschafft. Das Prinzip, das ihr zugrunde liegt, nennt sich selektive nicht-katalytische Reduktion: Durch die Eindüsung von Harnstofflösung oder Ammoniakwasser in die Feuerung kommt es in den Anlagen zu einer chemischen Reaktion. Stickstoffoxide werden reduziert; zurück bleiben Wasserdampf und Stickstoff.

Aus M&S Umwelttechnik wird die VDH Group

Über die Jahre kaufte von der Heide weitere Firmenanteile und somit Know-how hinzu. Daraus erwuchs die VDH Group. Diese besteht aus fünf Unternehmen, die sämtliche Bereiche von Umwelttechnik über Verfahrens- und Anlagentechnik bis hin zur Elektro-, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik unter einem Dach vereinen. Der Verbund fungiert dabei als Generalunternehmen, das komplette Entstickungsanlagen von der Planung bis zur Inbetriebnahme realisiert. Einen weiteren Schwerpunkt bilden inzwischen Tanklager für flüssige Medien oder Gase aller Art, die von HKL Anlagentechnik seit mehr als 50 Jahren erfolgreich schlüsselfertig geplant und geliefert werden.

Insbesondere spezialisiert sich die VDH Group auf die Lagerung von Ammoniak, welches als Trägermedium für Wasserstoff eine große Rolle in der Energiewende spielen wird. Insgesamt zählt die Gruppe rund 80 Mitarbeiter. Die Zentrale befindet sich im Bürokomplex Bredeneyer Tor an der Alfredstraße, unmittelbar an der A 52-Auffahrt Essen-Rüttenscheid. Eine Tochterfirma hat ihren Sitz im tschechischen Ostrava.

Es gibt also eine Menge zu managen. Da trifft es sich gut, dass sich die Zwillinge Daniel und Timo für eine Karriere im familieneigenen Unternehmen entschieden haben. Es kommt noch besser: Während Daniel technologische Innovationen vorantreibt, behält Timo vorwiegend betriebswirtschaftliche Belange im Blick. Ob diese Rollenverteilung durch glückliche Fügung oder weitsichtige Planung zustande gekommen ist? Der Senior lässt diese Frage mit einem Augenzwinkern offen.

Zwei Wege führen ins Unternehmen (zurück)

Die Angesprochenen bringen ein Licht ins Dunkel. „Mich haben technische Abläufe von klein auf fasziniert“, verrät Daniel von der Heide, der studientechnisch in die Maschinenbau-Fußstapfen des Vaters trat. Zwar habe er sich vorstellen können, woanders Erfahrungen zu sammeln, jedoch habe sich der Einstieg ins Unternehmen unmittelbar nach Ende des Studiums angeboten.

Timo von der Heide hingegen zog zunächst eine Laufbahn außerhalb der familiären Einflusssphäre in Betracht, studierte unter anderem in England International Business. „Auch, weil ich wissen wollte, welche Chancen sich ergeben, wenn ich mich nicht auf meinen Status als Sohn verlasse“, wie er einräumt. Die Voraussetzungen für eine Karriere in einem großen Beratungshaus, sie seien durchaus gegeben gewesen: „Doch dann wurde mir bewusst, dass ich zwar mit Firmen und Managementpositionen in Berührung kommen würde, um diese zu bewerten, aber letztlich nicht derjenige sein würde, der die strategischen Entscheidungen trifft.“

»Es braucht die ‚new school‘ basierend auf den Erkenntnissen der „old school“,  um das Unternehmen in die Zukunft zu führen«

Bernd von der Heide, CEO und Gründer VDH Group.

Die „new school“ trifft auf alte Schule

So entschied er sich, gemeinsam mit Bruder Daniel die Geschicke jener Unternehmensgruppe zu lenken, die ihre Initialen trägt. Bernd von der Heide ist nach wie vor als CEO an Bord. Mit inzwischen 80 Lenzen fühle er sich in der Rolle des „Frühstücksdirektors“ jedoch recht wohl, kokettiert er. Der Vortritt gebühre dem „Elan der Jugend“: „Es braucht die ‚new school‘, um das Unternehmen in die Zukunft zu führen“. Insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung hätten die beiden vieles angestoßen und umgesetzt. Strategisch werde es darauf ankommen, weitere Standbeine zu erschließen, in Zeiten, in denen Großfeuerungsanlagen auf Basis fossiler Energieträger zunehmend zu Auslaufmodellen avancieren.

Und was möchten sich die beiden von der ‚alten Schule‘ bewahren? „Die Ruhe, mit der unser Vater strategische Entscheidungen trifft., sowie seinen partnerschaftlichen Umgang mit Kunden“, hebt Timo von der Heide hervor. „Ob er nun mit externen Lieferanten spricht oder mit eigenen Mitarbeitern – bei ihm zählt immer der Handschlag. Das setzen wir so fort. Ich denke, das ist es, was ein Familienunternehmen ausmacht: Glaubwürdigkeit und Gradlinigkeit“, ergänzt Daniel von der Heide.

Patrick Torma

Verfasst von:
Patrick Torma

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