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So sehen Immobilien-Azubis die Zukunft der Stadt

Beim ersten „Ruhr-City-Contest“ der Ruhr-IHKs beeindruckten drei Video-Clips.

Der Film von Zeycan Aktan (Bochumer VBW Bauen)

„Wir leben schnell. Und vergessen hierbei, unsere kostbare Zeit schöner zu gestalten. Wir vergessen die Natur und haben uns an einen erschreckend egoistischen Lebensstil gewöhnt, der uns nicht einmal guttut. Doch was wäre, wenn wir alte Menschen, Flüchtlinge, Studenten, Kinder, Familien und Singles in einer umweltfreundlichen Innenstadt zusammenbringen können? Was, wenn wir den Strom-, Wasser- und Wärmeverbrauch deutlich verringern könnten? Was, wenn unser Alltag in Innenstädten stressfreier, bunter – und vor allem grüner wäre?“

Zeycan Aktan unterlegt die Bilder mit ihrer ruhigen, deutlichen Stimme. Zu sehen sind unter anderem Straßenszenen, Kraftwerke und Mülldeponien – vor allem aber Menschen in unterschiedlichen Situationen. Die gewählte leise Klaviermusik passt perfekt. Die zweite Hälfte des rund zweiminütigen Videoclips gehört dann den Zukunftsvisionen der jungen Frau. Es geht um die Begrünung kompletter Fassaden, PV-Anlagen auf Parkautomaten und Bushaltestellen, günstige Wohnanlagen aus recycelten Containern und Fahrradautobahnen. Auch Kleinigkeiten wie „attraktive Aschenbecher“ und Mülleimer mit witzigen Aufschriften, die zur konsequenten Nutzung einladen, fehlen nicht. Der 22-jährigen Zeycan Aktan gelingt es mit ihrem Mini-Werk, die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers zu bekommen und so ihre Botschaft rüberzubringen.

Für diese Leistung erhielt die Auszubildende bei der Bochumer VBW Bauen und Wohnen GmbH einen Preis beim „Ruhr-City-Contest“. Verliehen wurde er ihr und den weiteren Gewinnerinnen und Gewinnern Rahmen der Immobilienmesse meet@ruhr Ende August in Mülheim an der Ruhr. Die Grundidee des Wettbewerbs, ins Leben gerufen von den sechs Ruhr-IHKs, bestand darin, die Kreativität und das Engagement junger Menschen im dualen Berufsausbildungssystem auf besondere Weise sichtbar zu machen. Aufgerufen waren alle Azubis, dual Studierende und junge Beschäftigte mit einem Fortbildungsabschluss der Immobilienbranche aus dem Ruhrgebiet.

Kerstin Groß mit den GewinnerInnen

Möglich waren sowohl Einzelteilnahmen als auch Team-Beiträge von maximal vier Personen. Eingereicht werden sollte ein höchstens drei Minuten langes Video, in dem gezeigt und erklärt wird, „was eure Ruhr City 2030 ausmacht“, wie es in der Ausschreibung hieß. Mögliche Fragestellungen waren: Was würden wir anders machen, als es jetzt ist? Worauf würden wir in der City besonderen Wert legen? Wie bewegt man sich zukünftig in unserer Stadt von A nach B und wie kommt man überhaupt in die Innenstadt? Wo arbeitet und lebt man, wie können sich Einzelhandel und Wohnen verzahnen? Wie effizient, sauber oder sicher ist die Innenstadt der Zukunft? Und wie kann sie Erholungswert bieten? Warum kommen bei euch auch alte Leute noch gut zurecht? Oder Familien? Wie grün oder klimaneutral ist sie und wie gelingt das? Wie können innerstädtische Flächen mehrfach sinnvoll genutzt werden? Gibt es noch lokale Geschäfte?

Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen, zeigte sich bei der Preisverleihung von der Resonanz beeindruckt: „15 Beiträge wurden eingereicht – für eine Premiere ist das ein tolles Ergebnis.“ Die Jury bestand aus Prof. Dr. Hans-Peter Noll, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein, Stadtplanerin Christa Reichel (RWTH Aachen), Corinna Spiess (Vizepräsidentin der IHK zu Essen), Ariane Breuer (Mitinitiatorin Die Stadtretter GmbH) und Moritz Lenz (Lehrer am Bochumer Berufskolleg EBZ). Angesichts zahlreicher guter Beiträge fiel dem Gremium die finale Entscheidung schwer. Letztlich schafften eine Gruppe sowie zwei Einzelbewerbungen den Sprung aufs Treppchen – wobei es nur erste Siegerinnen und Sieger gab. Alle konnten sich über 1.000 Euro pro Beitrag freuen. In allen drei Beitragen spielen Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Mobilität sowie der gesellschaftliche Zusammenhalt die Hauptrollen.

Bei der Gestaltung der Clips waren die Nachwuchs-Regisseurinnen und -Regisseure völlig frei. Durch den Einsatz moderner Medien – und Smartphones – sind ebenso informative wie emotionale Videos entstanden, die ganz persönliche Visionen der Stadt von morgen und übermorgen zeigen. Die Bandbreite der Wünsche, Vorstellungen und Ideen reicht von üppigen Dachgärten bis zu Senioren-, Kinder- und Tierheimen, die sich eine gemeinsame Außenanlage teilen und so Gemeinschaft konkret machen. Adrian Schroeder „wollte unbedingt auch Interviews einbauen, damit es einen schönen Mix ergibt“, so der Auszubildende bei der Spar- und Bauverein eG in Dortmund. Also schnappte er sich sein Handy und befragte Menschen seiner Generation in seinem Umfeld. „Als angehender Immobilienkaufmann interessiere ich mich natürlich besonders für die Stadtentwicklung der Zukunft“, erklärt der 20-Jährige seine Motivation für die Teilnahme. Sein Beitrag endet mit seinem eigenen Kommentar: „Wir müssen jetzt starten. Jeder von uns ist gefragt. Letztlich zählt der Wille.“

Adrian Schröder (Spar- und Bauverein eG): „Vision-Ruhr-City-2030“
Ruhr-City-2030-Unsere-Innenstadt-in-der-Zukunft von Julia Brüggemann, Nele Blohm, Lena Ridderskamp und Jana Konkel (Vivawest Wohnen GmbH).

Auch Adrian Schroeder erhielt eine Auszeichnung, ebenso wie Julia Brüggemann, Nele Blohm, Lena Ridderskamp und Jana Konkel (alle Vivawest Wohnen GmbH, Gelsenkirchen). „Unser Beitrag ist aus der Fortsetzung eines Berufsschulprojekts im vergangenen Jahr entstanden“, erklärt Nele Blohm. Mehrere Woche lang haben sie und ihre drei Mitstreiterinnen (alle Anfang 20) Ideen und Material zusammengetragen und daraus das Kurz-Video erstellt. Es kommt völlig ohne Stimmen aus dem Off aus, die Botschaften werden in Textform eingeblendet: „LED als Lichtblick“ oder „Verbot von Steingärten“.

Kerstin Groß freut sich über den Erfolg des ersten „Ruhr-City-Contest“: „Ich finde es beeindruckend, welche kreativen Ideen die Auszubildenden hier visualisiert und vertont haben. Und ich hoffe, dass sich die Stadtplaner in unserer großen Region davon inspirieren lassen.“ Aufgrund des großen Erfolgs denken die Ruhr-IHKs bereits über eine Fortsetzung des Wettbewerbs nach.

Josephine Stachelhaus

Verfasst von:
Josephine Stachelhaus

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