Home-Office

Beitragsbild: iStock/Dima Berlin

Region Unternehmen

Reicht Home-Office für den Wandel der Arbeitswelt?

Home-Office - spätestens seit Beginn der Pandemie in aller Munde und ein heiß diskutiertes Thema, welches immer wieder mit dem Begriff New-Work in Verbindung gebracht wird.

New Work

Home-Office ist gleich New Work, aber geht die Gleichung auf? Fast im gleichen Atemzug wie Home-Office kommt dann noch Agile Arbeit und ein modernes Bürokonzept mit in den Topf und fertig ist das perfekte New-Work Rezept? Eine Lösung für alle? So einfach ist das leider nicht. Es ist vergleichbar mit der Medizin. Es lindert die Symptome aber heilt nicht die Schmerzen. Der Arbeitsmarkt hat akute Kopfschmerzen und das Home-Office ist die Aspirintablette. Es lindert zeitweilig die Symptome aber die Schmerzen werden wieder kommen, wenn wir uns die Symptomatik nicht genauer anschauen. Dabei geht es nicht immer nur darum pauschal alle Mitarbeitenden in das Home-Office zu schicken oder eine Agile Arbeitsweise einzuführen. Es lohnt allemal sich der Symptomatik anzunehmen, genau hinzuschauen und zu analysieren. Wer sind wir als Team und wofür stehen wir? Wie wollen wir arbeiten? Agil? Remote? Selbstbestimmt? In Hierarchien?

Schauen wir uns doch die Ideen von „New-Work“ einmal genauer an. 2017 beschreibt der Psychologe Markus Väth folgende 5 Prinzipien von New Work:

  1. Freiheit
  2. Selbstverantwortung
  3. Sinn
  4. Entwicklung
  5. Soziale Verantwortung


Wir wollen nicht auf alle Punkte eingehen, zeigen sie doch aufgelistet schon, dass die oben genannte Gleichung nicht aufgeht. Nehmen wir exemplarisch die Selbstverantwortung – Menschen müssen nicht geführt, sondern gecoacht werden.

Gecoacht, also dazu befähigt werden, sich selbst und innerhalb der Organisation selbstbestimmt zu organisieren. Um dies zu erreichen, braucht es ein Umdenken aller Beteiligten und setzt eine Bereitschaft für neues voraus. Wir dürfen nicht vergessen: Es sind Menschen, die in Organisationen zusammenarbeiten. Mitarbeitende, egal auf welcher Hierarchiestufe sind Menschen. Kunden sind Menschen. Andere Dienstleister sind Menschen. Menschen arbeiten seit jeher in komplexen Beziehungen miteinander. Menschen funktionieren nicht nach Schema F. Deswegen gibt es auch nicht die vielmals gewünschte „one size fits all – solution“. In der Psychologie wissen wir schon lange, dass das Maß der wahrgenommenen Selbstbestimmung ausschlaggebend für unser Wohlbefinden ist. Umso fremdbestimmter sich das Leben anfühlt, umso unglücklicher werden wir. Warum sollte das am Arbeitsplatz anders sein?

Das Neue von Morgen…

Einhergehend mit der Selbstbestimmung ist die Entwicklung, die Befähigung der Menschen, zum einen, um selbstbestimmt arbeiten zu können, zum anderen um neugierig zu bleiben. In der schnelllebigen Welt, in der wir heute Leben, wird ein ausruhen auf alten Erfolgen schnell abgestraft. Als Organisation ist es existentiell wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neugierig bleiben, ihr Wissen erweitern und nach neuen Lösungen für bestehende Probleme forschen. Die Digitalisierung hat es gezeigt: Das Neue von Morgen ist morgen schon wieder das Alte von gestern. Ein lebenslanges Lernen sollte somit in jeder DNA in einer Organisation verankert sein, sonst werden wir schnell vom Markt und neuen Ideen überholt.

Wir leben in herausfordernden Zeiten: Pandemie, Kriege und Klimawandel. Ein jeder einzelner trägt eine Verantwortung, diese Herausforderungen zu bestehen. Genauso trägt eine Organisation die gleiche Verantwortung die Herausforderungen zu bestehen. Stichworte in diesem Kontext sollten nachhaltiges und ökologisches Wirtschaften sein. Der nachkommenden Generation von Fachkräften reicht es nicht mehr aus, dass der Müll im Büro getrennt wird oder in der E-Mail-Signatur „Think before you print“ steht. Sie sehnen nach einem Arbeitgeber, welcher ihrem Tun einen Sinn verleiht. Sei es beim Umweltschutz oder beim täglichen Arbeiten in der Organisation. Sinn finden wir, wenn wir unseren Stärken entsprechend eingesetzt und gefördert werden. In den meisten Fällen macht der Versuch des Bearbeitens von vermeintlichen Schwächen wenig Sinn und führt nur zu gesteigerter Frustration. Aus einem stillen introvertierten Mitarbeitenden wird nie ein Extrovertierter werden, bzw. nur wenn der Mitarbeitende sich arg verbiegt. Es lohnt sich zu schauen, welche Stärken der Mitarbeitende mitbringt und diese gezielt zu fördern.

LernRÄUME

Für uns hat sich das Schaffen von LernRÄUMEN als gute Möglichkeit erwiesen, um einem Veränderungsprozess in die Wege zu leiten. Im Sinne einer lernenden Organisation, wird auch hier darauf geachtet, dass nicht ein Weg der Gestaltung von Räumlichkeiten über eine Organisation gestülpt wird, sondern Mitarbeitende und Führungskräfte partizipativ und individuell das Konzept erarbeiten. Mit den geschaffenen Lernräumen können sich Mitarbeitende bezogen auf Zusammenarbeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsweisen und die dafür notwendige Technik ausprobieren. 

„Blue-Collar-Jobs“

Die drei Beispiele oder Punkte aus der New-Work-Charta sollen exemplarisch zeigen, dass New-Work nicht bedeutet, die Menschen ins Home-Office zu schicken oder mal eben eine agile Organisation überzustülpen. Es sind lediglich einzelne Methoden, die genutzt werden können, um eine lernende Organisation zu werden. Bisher finden die meisten Veränderungsansätze in den sogenannten „White-Collar-Jobs“ statt, weil viel zu oft von der oben genannten Gleichung ausgegangen wird. Mit diesem Verständnis von New-Work sollten wir auch bei den sogenannten „Blue Collar Jobs“ und deren Grad der Selbstorganisation genauer hinschauen. Disruptive Ansätze und Bestrebungen Organisationen umzustrukturieren gibt es. Bei genauerer Betrachtung beschränken diese sich weitestgehend auf die sogenannten „White-Collar-Jobs“ – die Teppichetage auf Deutsch.

Vereinzelt gibt es zwar auch Ansätze für andere Berufe, aber dafür, dass die „Blue-Collar-Jobs“ fast 70% der deutschen Marktwirtschaft ausmachen, sind es deutlich zu wenige. Es bleibt die Frage, warum es dort noch so wenige Ansätze gibt. Weil die Mitarbeitenden nicht ins Home-Office geschickt werden können? Weil Agile immer auch etwas mit IT- und Software Entwicklung zu tun hat? New Work bedeutet die oben beschriebenen Prinzipien mit den Unternehmenswerten abzugleichen, in die Strukturen und Prozesse der Organisation zu übertragen und zu Leben. Das geht weit über das Home-Office hinaus und kann bei Blue-und White-Collar Arbeitenden und Organisationen umgesetzt werden, wenn die Prinzipien „richtig“ – das heißt in einem dialogischen Prozess mit den Mitarbeitenden „übersetzt“ werden. Ein gutes Beispiel für die Übertragung der Prinzipien findet gerade bei der Caritas-SkF-Essen gGmbH statt und Andreas Bierod berichtet auf dem Work Smart Experience Day im Oktober in Essen von seinen Erfahrungen.

Katharina Großmann & Philip Wildschütz
Autoren des Textes: Katharina Großmann & Philip Wildschütz

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Katharina Großmann

Verfasst von:
Katharina Großmann

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