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Unternehmen

Inklusion und Brustkrebsvorsorge

Gewinnmaximierung ist kein Unternehmensziel der discovering hands Service GmbH. „Wir verstehen uns als Sozialunternehmen“, betont der Geschäftsführer Arndt Helf.

Sinnstiftende Arbeit

Arndt Helf erklärt: „Wir möchten die Brustkrebsfrüherkennung verbessern und darüber hinaus möglichst vielen blinden oder sehbehinderten Frauen einen sinnstiftenden Job anbieten, der ihnen Anerkennung und ein gesichertes Einkommen bis zur Rente garantiert.“

Vor 12 Jahren gründete der Gynäkologe Dr. Frank Hoffmann das Unternehmen. Die Tastuntersuchung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung war ihm nicht gründlich genug und so kam er auf die Idee, blinde Menschen zu beschäftigen, die z. B. durch das Entziffern von Brailleschrift mit wesentlich besseren Tastfertigkeiten ausgestattet sind. „So entstand ein Projekt. In Kooperation mit Blindenhilfswerken hat er ein Kurrikulum für eine 9-monatige Ausbildung entworfen, nach deren Abschluss blinde Menschen sich ‚Medizinisch-Taktile Untersucherinnen‘ nennen dürfen“, berichtet Arndt Helf.

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Dr. med. Frank Hoffmann, Ideengeber und Gründer

Wertschätzung durch Patientinnen

Das ist schon lange her. Seitdem sind an den Berufsförderungswerken rund 65 Frauen ausgebildet worden – 50 taktile Untersucherinnen arbeiten in Festanstellung bei discovering hands. „discovering hands kooperiert deutschlandweit mit über 100 Facharztpraxen und Kliniken, in denen die Medizinisch-Taktilen Untersucherinnen per Arbeitnehmerüberlassung tätig sind. Zumeist arbeiten sie jeweils an einem festen Tag pro Woche in mehreren wohnortnahen Praxen. Manche Untersucherinnen sind auch bei den Ärzten angestellt, die Mehrheit arbeitet aber für uns“, berichtet der Geschäftsführer. „Der Arzt delegiert eine intensive Tastuntersuchung an die Medizinisch-Taktile Untersucherin. Er erstellt daraufhin die Diagnose.“ Arndt Helf selbst hat keinen medizinischen Hintergrund, er ist Diplomkaufmann und hat BWL studiert. „Ich leite das Unternehmen kaufmännisch. Mir liegt es sehr am Herzen, dass Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Es motiviert mich zu sehen, wie unsere Tastuntersucherinnen endlich die Wertschätzung erfahren, die ihnen im Alltag oft nicht entgegengebracht wird. Jetzt erhalten sie von ihren Patientinnen Lob und Anerkennung und es ist ein großartiges Gefühl, das zu beobachten.“

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Arndt Helf,
Geschäftsführer

Anleitung zur Selbstuntersuchung

Ein weiterer Aufgabenbereich seiner Mitarbeiterinnen ist die Schulung und Anleitung zur Selbstuntersuchung. „Alle Frauen wissen, dass es wichtig ist, sich regelmäßig selbst abzutasten, aber kaum jemand macht es“, stellt Arndt Helf fest. Dabei werden 80 Prozent der Tumore zu Hause entdeckt. „Da aber kaum jemand eine vernünftige Selbstuntersuchung monatlich durchführt, kann man sich gut vorstellen, wie groß das Ertastete sein muss, damit es bemerkt wird.“ discovering hands hat eine kleine Holzperlenkette entwickelt, die zeigt, in welcher Größe die Frauen Tumore meist selbst bemerken, was ein Arzt erfühlen kann und welch kleine Knötchen eine blinde Tastuntersucherin erspürt. „Wird ein Tumor in einer so kleinen Größe erkannt, liegt die Überlebenswahrscheinlichkeit bei 95 Prozent“, sagt Arndt Helf. Die Tastuntersucherinnen nehmen sich eine Stunde Zeit und unterrichten die Frauen ihre eigene Brust abzutasten.

Mittlerweile bieten auch viele Unternehmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements diesen Service für ihre Mitarbeiterinnen an. „Dieser Weg ist sehr vielversprechend, weil viele Unternehmen das Thema Frauengesundheit sehr ernst nehmen und dort ihr Angebot ausweiten und verbessern.“ Während der Pandemie war discovering hands stark eingeschränkt, es war nahezu unmöglich vor Ort in den Unternehmen eine körpernahe Dienstleistung anzubieten. „Wir sind dann auf die Idee gekommen, bestimmte Leistungen auch digital anzubieten“, sagt der Geschäftsführer. Und so ist ein Webinar rund um das Thema Brustgesundheit bzw. die gegebenen Möglichkeiten der Früherkennung entstanden. Eine blinde Tastuntersucherin moderiert und erklärt und eine technische Assistentin wertet den Chat aus und bereitet die Fragen auf, die dann auch live beantwortet werden.

„Wir wollen Mut machen und zeigen, dass Brustkrebs zunächst keine schlimme Erkrankung ist. Schlimm wird es erst, wenn der Tumor spät erkannt wird und bereits Metastasen gebildet hat.“ Für die Firmen bietet dieses Angebot neben der klassischen BGM-Leistung auch noch den Mehrwert des Employer Brandings. „Unsere Leistung hat nicht nur einen großen Wert für das Thema Frauengesundheit, sie wird auch von schwerbehinderten Menschen ausgeführt.“ Für diesen Ansatz wurde discovering hands auch mit dem Innovationspreis des Bundesverbandes aufgezeichnet. Arnd Helf fasst zusammen: „Die Unternehmen können ihr Profil nachschärfen und ihre Offenheit und Wertschätzung für die Arbeit blinder oder sehbehinderter Frauen und das Thema Inklusion zeigen.“

Weitere Informationen

Weitere Informationen über das Unternehmen finden Sie hier.

Yvonne Schumann

Verfasst von:
Yvonne Schumann

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