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Giftig für Nager, gut für die Umwelt

Bioroxx möchte eine „neue Arä der Rattenbekämpfung“ einläuten: Das Essener Start-up entwickelt ein Rattengift, das wirksamer und umweltverträglicher sein soll als aktuell eingesetzte Mittel.

Gut für Menschen – schlecht für das Tier

Wie kommt ein Humanmediziner dazu, ein umweltschonendes Rattengift zu entwickeln? Seit seinem Studium erforscht Kardiologe Prof. Dr. Dietrich Gulba blutgerinnungshemmende Wirkstoffe. Was im Menschen helfen kann, die Bildung von Blutgerinnseln zu stoppen und Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Thrombosen vorzubeugen, wird in der industriellen Schädlingsbekämpfung beigemischt, um Nagern den Garaus zu machen.

Als sich Gulba anlässlich der Vorbereitungen zu einem Vortrag an dieses Einsatzgebiet erinnerte, stieg er tiefer in die Materie ein. Er fand heraus, dass der Gebrauch herkömmlicher Rodentizide (so der Fachbegriff für Ratten- und Mäusegifte) auf Basis von Blutgerinnungshemmern heikel für Mensch und Umwelt ist. Also machte er sich daran, eine „saubere Lösung für ein schmutziges Problem“ zu entwickeln.

Die ersten Patente sind erteilt

Vor etwa fünf Jahren war das. Inzwischen ist aus dieser Idee das Essener Start-up Bioroxx erwachsen und Prof. Dr. Dietrichs Gulbas Lösung in einer ersten Patentreihe für Europa sowie ausgewählte Märkte in Nord-, Südamerika und Asien anerkannt. „Für die Europäische Union haben wir es gerade schriftlich bekommen, dass das Patent erteilt wird“, berichtet Astrid Gulba. Sie führt die Geschäfte von Bioroxx.

„Als mir mein Mann damals von seinem Einfall erzählte, habe ich ihm entgegnet: ‚Kannst Du nicht lieber eine Antifaltencreme erfinden?‘“, gesteht sie mit Blick auf den Anwendungszweck. „Wir haben keinen Spaß daran, Tiere zu töten“, betont sie weiter. Die eingehende Recherche habe sie jedoch überzeugt, dass „wenn schon Ratten getötet werden müssen, weil sie eine große Gefahr für uns darstellen“, dies auf eine „humane Art und Weise“ zu geschehen habe.

Bioroxx-Fallen

»Ratten vernichten weltweit 10 bis 25 Prozent der Nahrungsvorräte. Sie übertragen schwere Krankheiten auf Menschen und Zuchttiere.«

Ein „Rattenschwanz“ an Problemen

„Ratten vernichten weltweit 10 bis 25 Prozent der Nahrungsvorräte. Sie übertragen schwere Krankheiten auf Menschen und Zuchttiere“, so Astrid Gulba. Allein in Deutschland tummeln sich bis zu einer halben Milliarde Ratten. Zu viele, um ihnen mit Fallen beizukommen. Zumal die intelligenten Tiere lernen, verdächtige Installationen zu meiden. Weshalb eben vielfach Gifte mit blutgerinnungshemmenden Substanzen eingesetzt werden, damit die Ratte zeitversetzt verendet und Artgenossen das Ableben nicht mit einem Köder in Verbindung bringen.

Nur gehe diese grausame Rechnung immer weniger auf, erklärt Astrid Gulba: „Immer mehr Ratten entwickeln Resistenzen“. Eine Wirkung entfalteten die Gifte dennoch, führt die Essenerin weiter fort: „Die derzeit eingesetzten Rodentizide haben eine lange Halbwertzeit. Wenn eine vergiftete Ratte von einem Greifvogel gefressen wird, wird auch dieser getötet oder wenn ihr Kadaver in der Kanalisation verrottet, reichert sich das Gift in der Umwelt an und gelangt sogar ins Trinkwasser.“ Das Bundesumweltministerium bezeichne, so Gulba, ein ökologisch nachhaltiges Rattengift daher als ein „unmet need“ – als einen dringenden, aber ungedeckten Bedarf.

Demnach entwickle Bioroxx einen „Game Changer“, dessen Wirkung durch Studien bereits bestätigt sei. „Wir haben erwiesenermaßen ein Produkt, das biologisch abbaubar ist und Resistenzen ausschließt“, ist sich Astrid Gulba sicher. Der Schlüssel liege in der Zusammensetzung von vier Substanzen, „jede für sich ungiftig“, die in der Kombination toxisch für die Ratte seien. Auch für andere Tiere oder gar Menschen? Für andere Spezies solle der Verzehr „nahezu unbedenklich“ sein. Dies zu gewährleisten, sei über verschiedene Ansätze möglich – wie die Bioroxx-Formel hinsichtlich der „Speziesselektivität“ genau aussehen wird, werde Gegenstand weiterer Studien sein.

Um diese und weitere Forschungen zu sichern, suchen Astrid und Prof. Dr. Dietrich Gulba mit ihren Partnern nach Investoren. Man befinde sich bereits in Verhandlungen. 1,3 Millionen Euro würden in der ersten Finanzierungsrunde benötigt, Kapital, das auch einen langen Atem ermöglichen soll. Mit einer Zulassung für die Europäische Union rechne man frühestens für das Jahr 2027, für Südamerika 2025. Aus Sicht des mehrfach prämierten Start-ups ein perfektes wie lukratives Timing: „Die Zulassungen der derzeitig eingesetzten Rattengifte laufen nach gegenwärtigem Stand bis 2028 aus und sollen nicht mehr verlängert werden, sollte es ökogische Alternativen geben“, so die Bioroxx-Geschäftsführerin.

Weitere Informationen

Weitere Informationen finden Sie unter: www.bioroxx.com

Patrick Torma

Verfasst von:
Patrick Torma

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