Die Verwandlung
Nicht ganz so alt wie Kafkas Werk, aber immerhin seit über 20 Jahren schon gibt es „Die Verwandlung – Studio für Kreativität“ und seit 2018 haben sie ihr berufliches zu Hause in den industriehistorischen Gebäuden des Triple Z/ZukunftsZentrumZollverein in Essen gefunden.
Warum Gestaltung mehr braucht als KI
Gestartet als Ein-Mann-Unternehmen, sind sie heute ein Sextet – vier Menschen, zwei Hunde. Hier bekommt man von Zoë Cox, Julia Eising, Rikk Minor und dem Geschäftsführer Christoph Balan alles rund um den Oberbegriff „Gestaltung“. Anders, als in Fullservice-Agenturen, die alles bieten und machen, arbeitet die Verwandlung in ihrer Kernkompetenz, dem Design, und ansonsten eng mit befreundeten Kreativagenturen in einem Kollektiv, um bei Bedarf auch einen Fullservice erfüllen zu können. Das schafft nicht nur eine breite Abdeckung an Möglichkeiten, bei der jeder seiner Schlüsselfertigkeit nachgehen kann, sondern auch ein intensives Netzwerk, das sich mit frischen Ideen befruchtet und Horizonte erweitert, stetig.
Aber macht es in Zeiten von Chat GPT & Co denn überhaupt noch Sinn, eine Agentur zu beauftragen, wenn doch die KI Bilder und Logos erschafft? Um die Antwort direkt vorwegzunehmen: Ja, auf jeden Fall! „Die KI ist sehr gut geeignet, um die Designs nachher umzusetzen, aber den grundlegenden Gedanken, die Idee, das muss erst einmal erschaffen werden. Da kann KI mit darauf einwirken, aber sie ist eben nur ein Teil des Teams, neben den Kundinnen und Kunden und uns selbst. Es ist ein deutlicher Unterschied, ob wir als gelernte Gestalterinnen und Gestalter die Ergebnisse kuratieren und weiterentwickeln oder ob Kundinnen & Kunden ohne gestalterische Expertise eigenständig das erstbeste Ergebnis wählen. Die Persönlichkeit und Alleinstellungsmerkmale fehlen dann einfach.“ so Christoph Balan.
»Die KI ist sehr gut geeignet, um die Designs nachher umzusetzen, aber den grundlegenden Gedanken, die Idee, das muss erst einmal erschaffen werden.«
Design ist bewusste Kreation
Lange galt: Kreativität und Empathie kann eine Maschine nicht leisten. Das besteht im Kern auch immer noch, denn eine KI schöpft in ihrer Kreativität nur aus dem, was sie schon einmal gesehen/gelernt hat, beziehungsweise aus unzähligen Inhalten im Internet, aber eben „nur“ aus etwas, was schon einmal da war und damit auch aus vielen ethisch nicht korrektem Content.
„KI-Bildgeneratoren können stereotype Inhalte erzeugen – nicht aus böser Absicht, sondern weil ihre Trainingsdaten die bestehenden gesellschaftlichen Vorurteile widerspiegeln. Das kann alles andere als divers oder förderlich sein.“ erklärt Julia Eising. Auch Stockbilder zeigen häufig Stereotypen, aber da ist es dann eben die Aufgabe der Designerinnen und Designer, entsprechend gegenzusteuern und passende, diverse Bilder zu finden und zu nutzen. Ein Design ist nie wahllos, ein Design ist immer eine Kreation, im wahrsten Sinne, ein Zusammenspiel aus bewusst gewählten Bausteinen. Jede Schriftart hat eine Message – in einem Corporate Design würde eine Schrift niemals zufällig ausgewählt, sie hat eine Bedeutung, ob verspielt, sachlich, aggressiv, ebenso wie die Farbauswahl oder die gewählten Formen. Es ist ein Gesamtpaket, wohl durchdacht, mit dem eine Botschaft vermittelt wird, mit dem man sich darstellt und abgrenzt, mit dem man sich und sein Produkt ideal präsentiert. Und das Ganze im besten Fall zeitlos, denn niemand möchte alle paar Jahre das Logo erneuern, der Widererkennungswert zählt, aber genauso wenig möchte man, dass das Logo verstaubt oder in die Jahre gekommen aussieht. Zoë Cox beschreibt: „Das ist ein Schaffensprozess, bei dem wir jedes Mosaiksteinchen bewusst auswählen, ändern und anpassen. Wir nutzen dafür Mood-Boards und am Ende steht ein fertiges Corporate Design, das das Unternehmen und deren Produkte in Form und Farbe widerspiegelt.“
Die Kunst des Ausgleichs
Was aber, wenn die Unternehmensfarben zum Beispiel schon seit jeher kräftig sind, man sich selbst aber eher sanft und vertrauensvoll präsentieren möchte? „Dann gilt es einen Ausgleich zu schaffen – dann müssen Formen, Schrift oder sonstige Gestaltungselemente genau dieses Vertrauen erwecken.“ antwortet Rikk Minor. Und so sind wir wieder am Anfang, denn ja, die KI kann all dies mit dem richtigen Prompt ausführen, aber das Wissen um die Bedeutungen, die versteckten Inhalte, das hat nur jemand, der dies, auf Deutsch gesagt, von der Pike auf gelernt hat.


