Startschuss der Selbstständigkeit
Die 54-Jährige fertigt individuelle Nesteldecken, -kissen und -muffe an und hat so ganz nebenbei aus ihrem einstigen Hobby einen Beruf gemacht. Eine Aufgabe, die sie mit jeder neuen Bestellung leidenschaftlich umsetzt und die sie mit Freude erfüllt. Denn: „Das Schönste ist immer das Feedback der Kunden“, sagt Jessica Prumbaum. Dabei ist ihre Zielgruppe sehr speziell.
Angefangen hat alles mit ihrem bis zum heutigen Tage ehrenamtlichen Engagement in einer nahen Wohnanlage. Doch der eigentliche Grund liegt noch länger zurück. „Ich hatte schon früher für mich Kleidung genäht, für ein Mädchen schon sehr klassisch“, lacht Prumbaum und blickt kurz in die Vergangenheit. Später kam auch Kleidung für ihre drei Kinder hinzu. Doch dann fertigte sie eine bequeme Decke, besetzt mit unterschiedlichen Materialien für die an Demenz erkrankten Bewohner der Wohnanlage. „Ganz unbewusst war das so etwas wie der Startschuss für meine Selbstständigkeit“, blickt die gebürtige Essenerin zurück. Und in der Tat, bis heute sind es an die 2.000 Nesteldecken, die von ihrem kleinen Atelier im Dachgeschoss aus die Mülheimer Wohnung verlassen haben.
Menschen eine Freude bereiten
„An ein ganzes Business habe ich ehrlicherweise zu diesem Zeitpunkt gar nicht gedacht. Vielmehr kam es mir darauf an, den Menschen eine Freude zu bereiten. Mit Stolz kann ich sagen, dass das bis zum heutigen Tage so geblieben ist.“ Denn die eigentlichen Kundinnen und Kunden sind die Angehörigen der zu pflegenden Personen, die Jessica Prumbaum mit der Anfertigung einer Nesteldecke mit individuellen Vorgaben beauftragen. „Es ist nicht nur so, dass die Decken gezielt etwas für an Demenz erkrankte Menschen sind. Auch Schlaganfall-Patienten oder Menschen, bei denen die Motorik eingeschränkt ist, mögen die vielen Accessoires, die ich im Gesamten verarbeite.“
Gewöhnlich erstellt sie Decken in den Maßen 65×75 cm sowie 100×100 cm, aber natürlich sind auch individuelle Anfertigungen möglich. Alle Produkte werden handgefertigt und sind auf die sensorischen Bedürfnisse der Beschenkten ausgerichtet. So sind es oftmals ältere Stoffe, Muster, aber auch Materialien wie Kunst- oder Schaumstoffe, die im Gesamtwerk verarbeitet werden. „Ich erhalte viele Stoffe von fremden Menschen, bestelle aber auch Materialien oder schaue im Baumarkt vorbei. Wichtig ist: Decken für Demenzkranke beinhalten immer einen Ring, diverse Fäden und Nähte sowie eine Tasche.“
Patchwork-Decken mit individuellem Charakter
Die Resonanz war damals wie heute positiv. „Ich erhalte viele Dankesschreiben. Es berührt mich zu lesen, dass Menschen nach langer Zeit wieder lächeln, wenn sie mit den Händen über bestimmte Bereiche fühlen und sich vielleicht sogar auch wieder an Dinge erinnern. Oder dass sie überhaupt wieder etwas tasten, greifen und die Muskulatur anregen.“ Ihre Arbeit bereitet Jessica Prumbaum viel Freude, denn sie weiß, durch das Fühlen ihrer Decken wird eine Aktion beim Beschenkten in Gang gesetzt.
Zu Beginn habe sie oft auch Knöpfe verwendet, doch nach einer gewissen Zeit gäben die Nähte nach. Sie habe feinjustiert und sich stärker auf die Bedürfnisse der Auftraggeber fokussiert. „Mir ist besonders wichtig, dass es sich nicht nur um eine Liebelei handelt, sondern dass die Produkte einen Sinn haben und sich die darin gesteckten Erwartungen erfüllen.“ Materialien wie Ringe, Stoffe und Nähte helfen dabei, die verlorengegangene Motorik zu schulen und wiederzubekommen. Jedes einzelne Feld innerhalb einer Decke hat eine Größe von 20×20 cm, diese werden unterschiedlich gestaltet. Besondere Bedeutung haben hierbei die vielen Nähte (Kreuzstich), die im Alltag später von überwiegend älteren Menschen stundenlang erfühlt und ertastet werden können.
Einmalige Decken
Viele Einrichtungen wie Pflege- oder Wohnheime lassen sich Ware senden. „Hierbei handelt es sich oft um eine Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Einrichtungen erfahren es in vielen Fällen von den Angehörigen der Patienten oder Bewohner“, erklärt Prumbaum. Das besondere Markenzeichen von »Patchwork Design« ist, dass jede Decke nur einmal gefertigt wird. Kein Exemplar wird nachgestellt oder reproduziert. Jedes Produkt ist stets in einem Farbton gehalten, typisch ist ebenfalls der genähte Rahmen. „Beides sind meine absoluten Markenzeichen“, erklärt Prumbaum, die auch in Zukunft auf ihre Individualität und Kreativität bei der Umsetzung von neuen Ideen vertraut.
