Die Ruhr-IHKs haben die Ergebnisse ihrer Konjunktur-Umfrage veröffentlicht. Der 114. Ruhrlagebericht zeigt: Die Wirtschaftskrise hält an. Fachkräftemangel, schwache Inlandsnachfrage, hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie ungünstige Rahmenbedingungen belasten die Betriebe. Rund 780 Unternehmen mit über 92.000 Beschäftigten nahmen an der Umfrage teil.

Im Vergleich zum Vorjahr ist der IHK-Konjunkturklimaindex gesunken und liegt bei 92,7 Punkten (Jahresbeginn 2024: 94 Punkte). Schlechter war dieser bisher nur im Herbst 2022 mit 77 Punkten. Jutta Kruft-Lohrengel ordnet die Ergebnisse ein: „Bundesweit schrillen die Alarmglocken der Wirtschaft. Das BIP ist in den vergangenen zwei Jahren gesunken. Hinzu kommen Prognosen aller führenden Institute und Verbände, die klar machen: Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die deutsche Wirtschaft stagniert und dieser Zustand trifft auch für unsere Unternehmen im Ruhrgebiet zu. Wir verharren im Stimmungstief!“ Die Wirtschaftslage wird von knapp 23 % als gut eingestuft (Jahresbeginn 2024: 26 Prozent). Gleichzeitig ist die Anzahl der Unternehmen, welche die Lage als schlecht einschätzen, im Vergleich zum Vorjahr um vier Punkte gestiegen und liegt bei 24 %.
Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen bedrohen das Wachstum der Unternehmen
Die Unzufriedenheit mit den politischen Rahmenbedingungen ist gestiegen: 62 % sehen hier den größten Unsicherheitsfaktor für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Dazu zählen fehlende Planbarkeit, politischer Stillstand, überbordende Bürokratie, mangelnde Stabilität sowie unklare Rahmenbedingungen. Im Vergleich zum Vorjahr steigt der Wert in allen drei Wirtschaftsbereichen an, am deutlichsten im Dienstleistungssektor (plus fünf Prozentpunkte). Kerstin Groß fordert einen sofortigen Kurswechsel: „Dass unsere Wirtschaft die politischen Rahmenbedingungen als großes Risiko wahrnimmt, ist ein eindringliches Warnsignal. Die Unternehmen brauchen mehr Beinfreiheit, um erfolgreich zu sein – unabhängig von den anstehenden Bundestagswahlen. Dazu muss ein echter, spürbarer Ruck mit sofortiger Umsetzung und Änderung der aktuellen Rahmenbedingungen erfolgen. Denn eins hat die Wirtschaft im Ruhrgebiet schon lange nicht mehr: Zeit zum Warten.“


Unterschiedliche Stimmungslage der Wirtschaftssektoren
Wie bereits im Vorjahr ist die Stimmung der Handelsunternehmen im Branchenvergleich am schlechtesten. Nur 14 % sind mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden. Auf der anderen Seite steht die Dienstleistungsbranche, was Lage und Erwartungen angeht, am besten da. 18 % erwarten eine bessere Wirtschaftslage und mehr als 30 % der Unternehmen stellen eine gute Geschäftslage fest. Im Industriesektor stufen die Betriebe ihre Geschäftslage deutlich negativer ein als vor einem Jahr. So ordnen 19 % der Unternehmen die aktuelle Situation als gut ein. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei 29 %.
„Unsere Wirtschaft steht im Stau”
Eine zusätzliche Belastung stellt die Verkehrsinfrastruktur im Ruhrgebiet dar: Seit vielen Jahren wurden Investitionen in die Straßeninfrastruktur vernachlässigt, was zu erheblichen Belastungen im Berufsverkehr führt. Hinzu kommen zahlreiche Ausfälle, Personalmangel und Verspätungen auf den Schienen. „Viele Brücken und Straßen sind aus den 50er bis 60er Jahren und teilweise in einem sehr schlechten Zustand. Der Bahnverkehr ist ebenfalls von zahlreichen Problemen gekennzeichnet. Unsere Wirtschaft steht wortwörtlich im Stau”, so Kerstin Groß. Um den Standort Ruhrgebiet langfristig attraktiv und konkurrenzfähig zu halten, braucht es daher eine enge Zusammenarbeit aller Akteure, um die Wettbewerbsfähigkeit der Ruhrwirtschaft zu erhalten.
Mutmacher für NRW und Deutschland
Jutta Kruft-Lohrengel fasst den Ruhrlagebericht folgendermaßen zusammen: „Die Zahlen der Umfrage sind mehr als eindeutig: Unsere Unternehmen sind unzufrieden und Besserung ist nicht in Sicht. Der bundesweite Trend der vergangenen Jahre macht auch bei der Wirtschaft im Ruhrgebiet keine Ausnahmen. Da gibt es nichts schönzureden.“ Für Kerstin Groß gibt es für die kommenden Monate eine klare Marschroute: „Wir werden nicht akzeptieren, dass unsere Betriebe sich nun angesichts der Krise aus der Defensive heraus neu aufstellen müssen. Denn für einen langfristig erfolgreichen Turnaround brauchen wir externe Impulse.“ Wenn der Kurswechsel erfolgt, kann die Ruhrwirtschaft eine führende Rolle einnehmen: „Unsere Unternehmen sind in Lauerstellung. Ist der Knoten erstmal geplatzt, werden wir da sein – als Mutmacher für Nordrhein-Westfalen und damit auch in ganz Deutschland!“